Andalucía aus Münster veröffentlichen am 16. September mit Stuck ihr zweites Album. Wer noch nichts von ihnen gehört hat, der sollte das jetzt ändern. Es lohnt sich.
Andalucía, das sind André Martens am Schlagzeug und Philipp Ohnesorge, der Gitarre und Gesang übernimmt. Was 2014 vielversprechend mit dem Debütalbum There Are Two Of Us begann, nimmt mit dem zweiten Album Stuck neue Dimensionen an. Denn der authentische Klang der neuen Platte ist bestimmter, gereifter als der ihres Vorgängers, bleibt sich dabei jedoch trotzdem treu.
Ebenso wie ihr Erstlingswerk, erscheint Stuck auf dem bandeigenen Label Sic Life Records. Im Schriftlichen steht die redaktionelle Ergänzung [sic] für die Kennzeichnung von Besonderheiten im Text, oft für einen Fehler, und gibt damit den Hinweis, dass das Zitierte aus dem Original ohne Abänderungen übernommen wurde. Das sīc erat scriptum scheint in der Musik von Andalucia zum Prinzip erhoben zu sein. Ein Sound, der sich zwischen Lo-Fi und Noise Punk/Pop/Whatever bewegt und einem das authentische Gefühl eines „so ist es wirklich“ vermittelt. Auf Hochglanz polierte Aufnahmen, darauf wird bei Andalucia gut und gerne verzichtet. Fehler werden zu Stilmitteln. Besonders deutlich wird das in dem Song „Ordinary Daze“. Diesen Gitarrensound meint man zu kennen, doch ist etwas eigenartiges mit ihm passiert. Als hätte jemand das Gitarrenriff genommen, es durch Raum und Zeit gedehnt, um uns dann mit einer verfremdeten Erinnerung daran zurück zu lassen.
Sowieso breitet sich beim Hören der LP, und insbesondere bei den Songs „White Noise“ und „Ode De Coy“, ein Gefühl des Vertrautseins aus. Doch dies soll nicht heißen, dass es dem Werk an Originalität fehlt. Eher im Gegenteil. Es ist weniger der Song denn das Gefühl, das bekannt ist. So als hätte man schon einmal etwas erlebt, das genau so war, sic erat, und jemand hat nun mit Musik einen Weg gefunden, das Vergangene wieder ins Gedächtnis zu rufen. Erinnerung in Musik übersetzt; die Zeit relativiert. Vielleicht ist Stuck der Geschmack eines Gebäckstück namens „Petite Madeleine“, das wir gedankenverloren in Lindenblütentee tunken. Jedenfalls wünscht man sich, man hätte schon damals, als es diese Platte noch gar nicht gab, einfach auf „Play“ drücken können. Damals, als es so schön passte.
Es wundert deshalb kaum, dass Andalucía zur Aufnahme der neuen LP nach Mannheim in die RAMA-Studios zurückgekehrt sind, um auch dieses Mal zusammen mit Christian Bethge aufzunehmen. Neben dem gewohnten Studio gab es dort auch eine leerstehende Kirche auf einem verlassenen ehemaligen US-Militärgelände. Und wer die Musik von Andalucía kennt, der kann sich denken, dass die beiden es sich nicht haben nehmen lassen, auch hier für das neue Album aufzunehmen. Entstanden ist eine LP, die mit dem facettenreichen Duo aus Schlagzeug und Gitarre, das wir bereits auf dem ersten Album kennengelernt haben, und einem Gesang, der seinerseits mehr Instrument ist, denn Stimme, Schlagzeug und Gitarre in ihrer Verschrobenheit ergänzend, überzeugt. Vielleicht war es genau diese Umgebung, die es den beiden Musikern ermöglicht hat, ihren Sound wachsen zu lassen und uns das Gefühl eines ungewohnten Bekannten zu geben. Zwischen Vergangenheit und Gegenwart, alten Ungewohntheiten und neuen Vetrauten wird Stuck zu einem retrospektiven Soundtrack für das Jetzt.
Bilder: Carolin Breckle