Bevor vielleicht noch dieses Jahr ein neues Notwist-Album erscheint, steckt Markus Acher tief in der Label-Arbeit: In Kooperation mit Morr Music veröffentlicht sein Label Alien Transistor am 1. Mai das Sampler-Album Minna Miteru, ein Szeneportrait japanischen DIY-Pops. Darauf tummeln sich, so sagt er selbst, einige „unkategorisierbare Außenseiter des Pop“ aus dem Umfeld der Band Tenniscoats, die teilweise so tief im Underground zuhause sind, dass tatsächlich viele Stücke trotz Zeiten von Streaming-Diensten und scheinbar unbegrenzter Verfügbarkeit von Musik erstmals wirklich international verfügbar werden.
Dass dabei ein stilistisch entgrenztes, intensives Hörerlebnis entstanden ist, ist ein zweiter positiver Effekt und Anlass, Markus Acher ein paar Fragen zu stellen. Zum Beispiel darüber, was diese vielseitige Compilation eigentlich zusammenhält, warum sie ausgerechnet in Deutschland erscheinen musste, weshalb die Musik so wichtig ist, wie einflussreich sie für seine eigene Kunst ist – und wie hart der aktuelle Pandemie-Shutdown die Künstler٭innen, Kulturstätten und internationale Beziehungen der Independent-Musik trifft.
von Moritz Bouws und Gregor van Dülmen
Gemeinsam mit Morr Music veröffentlicht dein Label Alien Transistor die japanische Compilation Minna Miteru. Eingangs stellen wir uns die Frage, wie deine inzwischen ja doch sehr intensive Verbindung nach Japan überhaupt entstanden ist.
Einerseits haben es mir das Land, die Kultur und die Menschen natürlich gleich beim ersten Besuch sehr angetan. Aber die bleibende Verbindung kam über die Musik. Da habe ich einfach immer wieder so viel faszinierende und innovative Musik gehört, dass das Interesse nie abriss. Und über die Tenniscoats habe ich jetzt nochmal viele Musiker und Künstler kennengelernt, die ich sonst nie gefunden hätte.
In unserem letzten Gespräch hast du den Japan-Indie-Sampler Songs for Nao (Chapter Music 2004) erwähnt. Er brachte dich unter anderem auf Tenniscoats, mit denen du später die Band Spirit Fest gegründet und nun Minna Miteru kuratiert hast. Inwiefern würdest du sagen, dass der Sampler dein musikalisches Verständnis geändert hat?
Auf dem Sampler habe ich das erste Mal Musik der experimentellen Indie-Folk-Szene rund um die Tenniscoats gehört, und die hat mich sehr berührt. Sie haben keine Angst vor Melodien, aber auch keine Angst vor dem Ausprobieren und Scheitern. Die Beatles, Syd Barrett, Charles Mingus, TV Personalities, Bach, die Residents – da kann man so vieles heraushören, ohne dass es konstruiert klingt. Es gibt keine Berührungsängste, und doch ist es auch kein wildes, stilistisches Durcheinander. Erfahrene Musiker spielen ganz selbstverständlich mit Bekannten, die erst seit zwei Wochen ein Blasinstrument besitzen. Freunde machen zusammen Musik, um sich zu treffen, und die Bands covern sich gegenseitig. Trotzdem wissen sie alle genau, was sie wollen und vor allem auch nicht wollen. D.I.Y. ist sehr wichtig: Sie sind unabhängig und haben ein eigenes Netzwerk aus Freunden geschaffen. Das ist alles extrem inspirierend. Und wie gesagt, die Stücke – so viele unglaubliche Kompositionen und Melodien.
Beide Sampler umkreisen eine Tokioter DIY-Pop-Szene um das Majikick Label herum. Dennoch gibt es zwischen den Künstler٭innen auf Songs for Nao und Minna Miteru nur wenige Überschneidungen und deutliche Unterschiede in der Songauswahl. Siehst du die neue Auswahl eher als Fortsetzung oder Erweiterung?
Minna Miteru ist eigentlich beides. Songs for Nao hat sich ja zu großen Teilen auf Saya und Uenos Label Majikick und damit verbundene Bands konzentriert. Inzwischen ist viel passiert, und die Szene hat sich auch mehr aufgefächert. Musikalisch hat sich natürlich auch viel getan. Saya wollte bei ihrer Auswahl nicht nur ihre Freunde und eigenen Projekte vorstellen, sondern auch Musik, die sie gerne mag, interessant findet oder sie inspiriert hat. Während Songs for Nao eher der Blick eines Außenstehendem auf diese Szene war, ist Minna Miteru ganz Sayas musikalische Welt. Die Zusammenstellung erzählt genauso viel über sie und ihre Idee wie über die japanische Indie-Szene. Der rote Faden durch die Compilation ist ihre Offenheit und Neugier, die Suche nach Musik, die nicht einzuordnen ist, keine Grenzen kennt und keine Klischees bedient.
Viele der Songs klingen gleichzeitig experimentell und verspielt. Wie würdest du insgesamt das Hörerlebnis von Minna Miteru beschreiben?
Ich finde, Saya hat den Sampler wie ein langes zusammenhängendes Stück zusammengestellt, bei dem man nie weiß, was als nächstes kommt, aber trotzdem alles ganz logisch ineinanderfließt. Ich finde immer noch faszinierend, wie Elektronik, Blasinstrumente, akustische Gitarren und Stimmen zusammenspielen, und am Ende ein großes Ganzes ergeben. Da ist eine Freiheit in der Musik, die ich auch immer suche. Die Musik ist das Wichtigste, gleichzeitig nimmt sich niemand zu ernst. Alles ist Popmusik.
Welche٭r der Künstler٭in hat zuletzt ein Album herausgebracht, das man sich anhören sollte?
Oh…alle natürlich! 🙂 Also, von den Tenniscoats selbst gibt es natürlich viele wunderbare CDs, z. B. ihre Reihe Music Exists mit fünf Alben. Zuletzt haben sie ein Album nur mit ihrer Version von Jazz-Standards aufgenommen, als nächstes kommt ein Album mit elektronischen Beats. Die Band Yumbo ist eine ähnlich tolle Band mit vielen Mitgliedern, die sehr vielseitige experimentelle, unkategorisierbare Popmusik macht. Eddie Marcon ist auch eine wichtige Band, mit allen möglichen Seitenprojekten, die sehr aktiv ist. Da gäbe es noch viel mehr zu nennen.
Es ist nur leider schwierig, die CDs hier in Europa zu bekommen, das ist auch ein Grund, diesen Sampler zu machen. Er soll der Start für eine Reihe von Wiederveröffentlichungen und Compilations der Bands und Projekte sein.
Für einige beteiligte Künstler٭innen muss es eine Besonderheit sein, über zwei in Deutschland ansässige Labels vertrieben zu werden. Wie ist die Resonanz der Künstler٭innen auf eine Veröffentlichung in Europa?
Nach dem, was ich so mitbekomme, sind alle sehr glücklich darüber und freuen sich sehr. Einen vergleichbaren Sampler gab es ja auch in Japan lange nicht mehr. Er führt viele Leute zusammen, in Japan und außerhalb, und das ist eine schöne Sache.
Warum erschien Minna Miteru nicht bei einem japanischen Label?
Das war auch kurzzeitig angedacht, aber da die Idee ja war, diese japanische Szene nach außen zu tragen und außerhalb Japans vorzustellen, ist es so besser.
Die Auswahl auf Minna Miteru basiert auf einem Songbook mit Stücken befreundeter Musiker٭innen der Tenniscoats. Könntest du uns mehr dazu erzählen: Fand das Songbook in Japan bereits den Weg an die Öffentlichkeit oder handelt es um ein privates Stück?
Das Songbook hat sich Ueno ausgedacht. Da er oft mit befreundeten Musikern zusammensaß und sie angefangen haben, mit der Gitarre Lieder zu singen, hatte er die Idee, ein Indie-Songbook mit den Liedern befreundeter Bands zu machen. Er hat die Liedtexte mit Gitarrenakkorden und eigenen Zeichnungen gesammelt und als Risoprint-Heft in kleiner Auflage veröffentlicht und verkauft. Ich fand das super und da ich einige Lieder nicht kannte, habe ich gefragt, ob ich eine CD davon haben kann. So kam die Idee zu dem Sampler zustande.
Korrespondiert das Artwork der Platte mit dem illustrierten Druck?
Das Risoprint-Heft und der Sampler jetzt haben nur noch ein paar wenige Bands gemeinsam, und dass Ueno die Illustrationen gemacht hat. Sonst sind die Lieder und Bands andere, auch das Artwork ist komplett anders.
Wie würdest du die Rolle der Tenniscoats in der japanischen Indie-Landschaft beschreiben? Kann dort von einer stark vernetzten Subkultur gesprochen werden?
Saya und Ueno sind Teil eines großen Freundeskreises, der sehr aktiv ist. Es gibt viele kleine Plattenläden, Cafés, Galerien und Clubs, in denen winzige Konzerte stattfinden, Ausstellungen, Performances und so weiter. Die Grenzen sind dabei nicht so streng gesteckt wie bei uns. Da können ein Folksänger, elektronischer Noise und ein Tanzperformance an einem Abend stattfinden, einfach weil die Musiker٭innen untereinander befreundet sind. Meistens wird dann auch noch sehr gut gekocht, selbstgenähte Kleidung, CD-Rs in Mini-Auflagen oder Siebdruckhefte verkauft. Tolle und inspirierende Orte. Leider werden auch in Japan viele die Auswirkungen der Corona-Krise wirtschaftlich nicht überleben, da die Regierung bislang keine Unterstützung für Künstler٭innen und Veranstaltungsorte bereitstellt.
Etwas später im Mai erscheint ja auch dein neues Album mit Spirit Fest, Mirage Mirage – alles Gute für den Release! Mit dem Album tauchst du natürlich auch selbst tief in die japanische Indie-Szene ein. Wann und wo ist das Album entstanden?
Wir haben die Platte letzten Sommer in München aufgenommen, ein paar Stücke auch schon im November davor, an ein paar freien Tagen während der Spirit-Fest-Tour in Tokio in Sayas Studio.
Auf Mirage Mirage sind diesmal auch einige Gastmusiker zu hören. Ihr arbeitet darauf außerdem verstärkt mit Field Recordings und Samples. Ist diese Offenheit voreinander und allem anderen typisch für eure Arbeitsweise?
Alle bei Spirit Fest sind sehr offen für alle seltsamen Ideen. Deswegen passt das auch immer sehr gut zusammen. Am Ende aber kommen dann doch oft Pop-Songs dabei heraus, das überrascht uns dann selbst. Mat Fowler (von Jam Money und Spillane Fete) macht ständig Field Recordings, auch um die Umgebung und den Aufnahmeprozess mit in die fertigen Stücke einbringen zu können. So kann man auf der Platte jetzt den Klavierstimmer, ein Kind im Treppenhaus und eine Unterhaltung mit einem alten Mann auf dem Hofflohmarkt vor dem Studio hören.
Es ist bereits das dritte Album in vier Jahren. Was denkst du, wie viele Spirit-Fest-Platten ihr noch veröffentlicht, bevor das neue Notwist-Album erscheint?
Spirit Fest hat ja eine ganz andere und viel spontanere Arbeitsweise, deswegen kann das, wenn wir mal zusammen sind, sehr schnell gehen. Leider wird das durch die Corona-Krise jetzt über einen längeren Zeitraum schwierig werden.
Aber eine neue Notwist-Platte ist auch so gut wie fertig. Sie müsste eigentlich, wenn alles klappt, dieses Jahr irgendwann noch rauskommen.
Glaubst du, wenn man genau hinhört, wird man auch bei den aktuell entstehenden Notwist-Songs Elemente von Minna Miteru heraushören können wird?
Ich denke, man hört das nicht eins zu eins. Aber das Verspielte und der Mut dieser Stücke haben mich schon sehr beeindruckt. Und das fließt bestimmt mit ein.
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Markus Acher steckt mal wieder in zahlreichen Projekten, weiß nicht einmal mehr, wann er mit Notwist proben soll. Dabei machen sie doch grad ein neues Album. Aber alle Bandmitglieder sind derzeit viel unterwegs. Er selbst sucht den Austausch mit japanischen, britischen und US-amerikanischen Musiker*innen, welcher aktuell in Bands wie Spirit Fest oder Hochzeitskapelle aufgeht.
Die großen Fragen („Heißt es ‚Notwist’ oder ‚The Notwist’?“) wurden von dieser Seite bereits letztes Jahr im Interview geklärt. Am Rande des European Art Cinema Day, für den er in Berlin war, gab es wieder Gelegenheit für ein Gespräch. Höchste Zeit, weiter in die Tiefe zu gehen, über aktuelle Veröffentlichungen und seine künstlerische Arbeitsweise selbst zu sprechen.
Notwist gilt für viele, auch international, als relevanteste deutsche Indie-Band. Hättet ihr das bei der Gründung für möglich gehalten?
Nein, natürlich nicht. Als wir angefangen haben, waren da einfach Weilheim, Frust und Langweile und ein Rauswollen aus der Kleinstadt. Vor der eigentlichen Notwist-Besetzung gab’s schon eine frühere Besetzung, die stark von Underground und Punk beeinflusst: Velvet Underground und Camper Van Beethoven waren die Vorbilder. Das, wozu der Originalpunk geworden war, Deutschpunk zum Beispiel, hat mir nicht gefallen, aber über Frontline Mailorder habe ich die ganzen amerikanischen Hardcore-Bands kennengelernt. Aus diesen Einflüssen hat sich die Notwist-Trio-Besetzung gegründet.
Wir haben versucht, in diese Richtung zu gehen. Von der ersten Besetzung waren zu dem Zeitpunkt nur noch als Schlagzeuger Mackie Messerschmidt und ich dabei. Wir haben noch meinen Bruder als Bassisten gefragt, der kurz davor bei einer anderen Punkband aufgehört hatte. Das war so 1987. 1990 kam die erste Platte. Ich weiß gar nicht mehr, wie wir an das erste Label kamen. Die haben uns irgendwo gesehen. Die Hardcore-Szene war ja damals noch sehr vernetzt und man kam als Vorband für amerikanischen Bands von einem Jugendzentrum zum anderen.
Setzt es euch, wenn ihr an neuer Musik arbeitet, unter Druck, dass die Songs mittlerweile ein so großes Publikum finden?
Schon ein wenig. Aber wir versuchen sowieso immer, einen Außenblick in unsere Arbeit miteinzubeziehen. Die letzte Instanz sollte sein, was man selbst gern hören würde. Aber mit zunehmendem Alter der Band und der Anzahl der Platten, die wir schon gemacht haben, fängt man natürlich an, zurückzublicken und zu schauen, ob man nicht das Gleiche schonmal gemacht hat, nur cooler und besser. Das ist eigentlich immer das größte Problem. Man will ja immer etwas machen, das man selber in der Form noch nicht gemacht hat, oder im besten Fall etwas, was es an sich sonst noch nicht gibt. Wir sind uns zwar bewusst, dass man nie etwas komplett selbst erfindet, sondern sich selbst irgendwo her zusammensucht, aber probieren immer, etwas zu finden, für das es zur bestimmten Zeit in genau dieser Kombination und dem Arrangement einen Grund gibt, es zu machen.
„Bestimmte Platten klingen für mich auch rein intuitiv eher farbig, andere monochrom. Also fange ich oft damit an, diese Aspekte zu hinterfragen und mit ihnen zu arbeiten.“
Markus Acher über sein Arbeit
Ist dieser Ansatz auch Ausgangspunkt dafür, dass ihr euch alle an so vielen weiteren Projekten beteiligt?
Ja. Es ist eine gute Art, sich Inspiration zu holen oder Verantwortung abzuwälzen. Zum Beispiel sind an dem Projekt Spirit Fest, mit den beiden Mitgliedern Saya und Takashi Ueno von Tenniscoats, Mat Fowler von Jam Money und Cico Beck (Joasihno, Aloa Input, You + Your D. Metal Friend, Notwist), Personen beteiligt, die sehr viel einbringen, genauso viel wie ich. In so einem Umfeld kann man einfach loslassen und weiß, dass etwas Cooles dabei herauskommt. Das Debütalbum erscheint im November bei Morr Music.
Und wie entsteht ein Projekt wie Spirit Fest? Habt ihr im Vorfeld Songs ausgetauscht oder ist alles in den zwei gemeinsamen Aufnahmewochen entstanden?
Bei Spirit Fest haben alle ihre eigenen Stücke mitgebracht, die schon komponiert und getextet waren. Aber dazu, wie wir sie arrangieren und aufnehmen würden, gab es vorher keinerlei Kommunikation. Letztendlich wusste ich auch nicht genau, was sie mitbringen und dass sie überhaupt etwas mitbringen. Aber ich bin schon lange großer Fan, habe die Band 2005 entdeckt, als wir mit Lali Puna zum ersten Mal in Japan waren. Damals habe ich mir einen Sampler namens Songs for Nao gekauft, auf dem sie selbst, aber auch viele Bands aus ihrem Umfeld versammelt sind. Dadurch bin ich auf sie aufmerksam geworden und habe angefangen, nach ihrer Musik zu suchen, ihre CDs zu bekommen, weil es mich extrem angesprochen und berührt hat.
2009 erschien eine gemeinsame Platte von Tenniscoats und The Pastels aus Schottland, von denen ich auch großer Fan bin. Durch diese und andere Kollaborationen der Band – etwa mit der schwedischen Band Tape, diversen japanischen Künstlern oder dem australischen Soundkünstler Lawrence English– ist die Idee zu diesem Projekt etwas näher gerückt. Ich habe, bevor wir nochmal mit Lali Puna in Japan waren, gesehen, dass sie inzwischen bei Afterhours veröffentlicht haben, einem befreundeten Label in Tokio, das auch Notwist-Alben lizensiert hat. Die haben für uns auf meine Bitte ein Treffen mit Tenniscoats organisiert. Wir haben uns auf Anhieb verstanden und sie haben gleich gefragt, ob wir nicht eine Kollaboration machen wollen. Als wir im letzten Jahr zum ersten Mal das Alien Disko-Festival organisiert haben, waren sie gleich die erste Band, die ich vorgeschlagen habe. Wir haben direkt ausgemacht, dass sie ein paar Tage eher kommen und wir die Gelegenheit nutzen, um Aufnahmen zu probieren.
Wie stießen Mat Fowler und Cico Beck zum Projekt?
Die habe ich eingeladen. Ich habe mich gefragt, was noch dazu passt. Mit Cico mache ich viel in München. Er ist ja inzwischen auch bei Notwist und ist ein sehr guter Musiker, der sich extrem gut in eine bestimmte Art von Musik einfühlen kann. Mit Mat habe ich mich auch gut angefreundet. Ich hatte mir die erste Platte von Jam Money direkt bei ihnen bestellt, weil noch kein Vertrieb sie hatte. Darauf hat er sofort geantwortet und schrieb, dass er auch Musik von uns kennt. Wir haben dann viel per E-Mail geschrieben. Irgendwann habe ich ihn gefragt, ob sie ein Album bei unserem Label Alien Transistor veröffentlichen möchten – was sie dann auch gemacht haben. Er ist ein guter Typ und hat einen total eigenen, kunstvollen Ansatz, Musik zu machen, sieht in jedem Gegenstand einen Klang, den er einbauen kann, und geht sehr spielerisch an die Musik heran. Er stellt immer wieder alles auf den Kopf und experimentiert sehr viel, zum Beispiel mit Spielzeuginstrumenten oder jetzt auf der Platte mit Steinen oder einem Radio. Er war für den generellen Klang der Platte sehr wichtig.
Das Video zu Hitori Matsuri liefert Eindrücke aus dem Studio
Quelle: YouTube
Die Musik, die Tenniscoats auf ihren eigenen Alben macht, lebt durch starke Präsenz, deine Projekte zeichnen sich ja eher durch Subtilität aus. Gerade mit Rayon hast du zuletzt ein sehr subtiles, bedrückendes Album veröffentlicht. Auf dem Album fügt es sich für mich zu einem intimen, aber auch optimistischen Sound zusammen. Hattet ihr im Vorfeld eine Intention, dass ein solches Album dabei herauskommt?
Mein Ansatz war wirklich bloß, dass ich ihre Musik nicht höher schätzen könnte. Wäre Neil Young zu Besuch gekommen, wäre ich wahrscheinlich weniger aufgeregt gewesen. Deswegen wollte ich eine Atmosphäre schaffen, die passt und das Besondere an der Band bestmöglich unterstützt. Und das besteht eben darin, dass sie unglaublich intensive Musik machen, auch wenn sie erstmal vielleicht einfach und nett klingt. Aber sie hat eine unglaubliche Tiefe und Traurigkeit, die einen aber gleichzeitig festhält. Man suhlt sich nicht darin, sondern sie ist vielleicht wirklich, wie du es beschreibst, optimistisch.
Wir sind dann auch nicht in eine normales, anonymes Studio gegangen, sondern zu einem Freund von uns, zu Nico, der mit Cico bei Joasihno spielt. Er hat ein Studio in seiner Wohnung, mit zwei Räumen. Im einen steht nur ein Mischpult, im anderen sein Bett und Mikrofone. Dort haben wir eng aneinander aufgenommen. Das hört man eben auch, es war sehr respektvoll. Alle haben wahnsinnig aufeinander gehört, was für alle eine außergewöhnliche Erfahrung war. Auch wenn es bei jedem Stück zusätzliche Overdubs gibt, ist ein Großteil der Platte und das Grundgerüst aller Songs aber eigentlich immer live gespielt und gesungen.
Ihr geht ja im Dezember gemeinsam auf Tour. Durch die räumlichen Distanzen stelle ich mir die Vorbereitung etwas schwierig vor. Schließt ihr euch vorher nochmal an einem bestimmten Ort ein, um die Konzerte vorzubereiten?
Zweimal haben wir ja schon zusammen live gespielt –in Köln und in München– und ich glaube, jeder weiß noch, was er da gespielt hat, und wir werden alle auch immer wieder Songs komponieren, die wir schnell, vielleicht schon während der Tour, erarbeiten. Einen Tag bevor die Tour in Genf startet, treffen wir uns dort schon und spielen alle Songs in einem Proberaum durch, den wir dafür angemietet haben, um es einmal wieder gespielt zu haben. Aber bei allen, die da mitspielen, gibt es nicht so etwas wie Fehler bzw. wenn jemand einen Fehler macht, ist das nichts Schlimmes oder wird nicht als Fehler betrachtet. Alles ist sehr offen und aus allem, was passiert, kann etwas gemacht werden. Tenniscoats selbst gestalten ihre Konzerte auch immer sehr offen und sie improvisieren gerne, was einen, wenn man es live sieht, in seinen Bann zieht.
Tourdaten:
Quelle: Facebook
Damit treffen in dem Projekt aber auch sehr unterschiedliche künstlerische Herangehensweisen aufeinander, oder?
Definitiv. Ich lerne bei jedem Projekt sehr viel, was mir auch sehr wichtig ist. Notwist zum Beispiel hat auch Freiräume, aber im Studio ist meistens alles sehr kontrolliert, und mit Tenniscoats ist es eben anders. Sie wissen ganz genau, was sie tun, aber sie haben eben eine grundsätzliche Offenheit, hören gerne zu, reagieren darauf, wenn etwas anders passiert, und nehmen es gerne auf. Bei Konzerten beziehen sie gern ihr Publikum mit ein, lassen es mitsingen. Das klingt zwar ziemlich hippiemäßig, ist es aber gar nicht, sondern anrührend und toll. Man kommt da schnell etwas ins Schwärmen.
Tenniscoats im Konzert:
Quelle: YouTube
Heute (15. Oktober) bist du aber wegen ganz anderer Kollaborationen in Berlin. Das IL KINO in Neukölln gestaltet zum European Art Cinema Day einen Thementag zu deinen bzw. euren Film-Soundtracks. Gezeigt werden neben der Notwist-Doku On / Off The Record, die Filme Was bleibt, Absolute Giganten, Solo Swim, N-Capace und Sturm, allesamt mit Soundtracks von Notwist bzw. von dir allein. Das sind sehr unterschiedliche Filme. Wie entscheidest du oder wie entscheidet ihr als Band, an welcher Filmproduktion ihr euch beteiligen möchtet?
Die Projekte, die wir auswählen, sind die thematisch für uns interessantesten, die uns auch als Idee oder Geschichte ansprechen, und bei denen wir uns etwas dazu vorstellen können. Wichtig ist uns auch, bei dem Regisseur oder der Regisseurin zu merken, dass wir miteinander gut klarkommen und verstehen, was sie erschaffen wollen. Uns ist wichtig, vorher zu erkennen, dass es eben keine schrecklichen, kitschigen Vorabendfilme werden. Mit Jörg Adolph, der unsere Musik auch abseits von Solo Swim schon in mehreren Dokus eingesetzt hat, oder Hans-Christian Schmid, dessen Filme Was bleibt und Sturm wir vertont haben, ist es inzwischen ein vertrautes und einvernehmliches Zusammenarbeiten, bei dem man ungefähr weiß, was der andere macht und kann.
Ist das dann die Arbeitsweise: Man stimmt seine Ideen ab und erarbeitet sie für sich allein?
Das ist ganz verschieden. Beim Dokumentarfilm zum Beispiel gibt es ja nicht so etwas wie ein Drehbuch, sondern man kennt das Thema, bekommt vielleicht schon erste Bilder zu sehen und eine Grundidee, was wichtig ist. Aber sehr viel mehr gibt es nicht. Man bekommt immer wieder neue Bilder zu sehen. Jörg aber verarbeitet die Musik sehr intensiv und lässt sich stark von ihr inspirieren. Dadurch entwickelt sich der Film mit der Musik, die man ihm gibt. Also geben wir ihm immer wieder Musik, er hört es sich an, und bei manchen Sachen sieht er, was im Film wie verarbeiten kann. Dadurch entsteht ein Dialog.
Das heißt bei Dokumentarfilmen ist die Musik viel stärker an der Entwicklung des Narrativs beteiligt als bei Spielfilmen?
Mehr noch: Musik und Bilder kommunizieren auf eine Art, die sogar eher ein Weggehen vom Narrativen ist, die Musik teilweise in den Vordergrund rücken lässt und die Bilder darauf zuschneidet. Bei Hans-Christian Schmids Filmen dagegen gibt es natürlich ein ganz klares Drehbuch, und es vor allem darum, mit der Musik auszudrücken oder zu verstärken, was in der Handlung vorkommt, aber man vielleicht in den Bildern allein noch nicht sieht. Man kann dadurch ein wenig in die Leute hineinsehen, interpretieren und etwas komponieren, was dienlich für die Geschichte, den Film und seine Figuren ist.
Eine aktuelle Kollaboration zwischen Hans-Christian Schmid und Notwist: die ARD-Serie Das Verschwinden
Quelle: YouTube
Was ist für dich als Künstler an diesen Kollaborationen der wichtigere Aspekt: dass sich beides am Ende zu einem sehenswerten Film zusammenfügt oder dass dich Bilder zu neuer Musik inspirieren, die dann auch wieder ohne die Bilder funktionieren? Ihr veröffentlicht ja teilweise auch Soundtracks.
Als wir mit Soundtracks angefangen haben, haben wir noch stärker auf die Musik an sich gehört. Aber je länger man weitermacht, desto mehr sieht man, dass die Musik für sich allein zu leer und langweilig klingt. Aber im Zusammenhang mit den Bildern, gerade wenn es um etwas Erzählerisches geht, kann ein einzelner Ton schon eine unglaubliche Wirkung haben und wahnsinnig viel auslösen. Deswegen würden wir auch nie alles, was wir für einen Film machen, veröffentlichen. Unser Soundtrack-Album Sturm ist so ein Mittelding. Im Nachhinein hätte ich aus heutiger Sicht auch nicht mehr die Platte in dieser Form und dem Umfang veröffentlicht. Aber Messier Objects war das Gegenteil und wir haben wirklich versucht, aus allem, was es von uns an Theater- und Hörspielmusik gibt, etwas zusammenzustellen, was wirklich musikalisch für sich steht und einen ganz neuen Zusammenhang ergibt. Man muss dafür nicht mehr wissen, dass eine bestimmte Stelle nun bei Solo Swim die weite des Meeres illustriert. Bei Messier Objects fügt sich ein wildes Durcheinander auf eine Art zusammen, die es wieder einen Sinn ergibt.
Die meistens Songs des Albums sind auch bewusst nicht beschriftet, um sie zu entkoppeln?
Genau. Es sollte keine Vorgabe geben, wie man es sich anzuhören hat. Es steht einfach für sich und man kann sich seine eigene Idee dazu machen.
Was auch teilweise in Messier Objects aufgeht, ist eure Zusammenarbeit mit Jette Steckel für das Deutsche Theater bei Sartres Das Spiel ist aus. Wenn jedes Projekt und jeder Film, wie du sagst, eine andere Arbeitsweise erfordert, wie funktioniert dann die Vertonung für ein Theaterstück?
Das Stück ist ein Zwischending, weil auch mit Filmsequenzen im Theaterstück gearbeitet wird. Der Anfang des Stücks wird komplett als Kurzfilm präsentiert, der im Endeffekt eine Art Stummfilm ist, bei dem die Handlung klar erzählt wird, aber dazu läuft ein fast 13 Minuten langes Stück von uns. Die Vorgabe war, dass die Musik hierzu einen starken Zug benötigt, aber trotzdem diese Spieldauer benötigt und zu den Bildern funktionieren muss. Wir haben also eine Weile gesucht, bis wir etwas hatten, das dem Film gerecht wird. Denn bei einem einfachen Loop hört man nach acht Wiederholungen weg – was ja auch das Schöne an Minimal ist: Man gelangt durch die Musik woanders hin und die Musik selbst ist eigentlich gar nicht mehr da. Aber bei dem Stück sollte die Musik auch einfach in gewisser Weise permanent stressig sein. Im Theaterstück selbst gab es dann auch Stücke von uns, die gesungen werden oder im Hintergrund laufen.
Mit Jette Steckel zu arbeiten, ist super. Sie ist sehr genau, hat eine genaue Vorstellung und ist gleichzeitig total offen. Sie hinterfragt in ihrer Arbeit auch immer wieder die Situation und Theater an sich, wie bei Das Spiel ist aus, wo ja das Publikum auf der Bühne sitzt und die Schauspieler im Zuschauerraum sind. Das macht großen Spaß und ist sehr ergiebig. Und bei Jette Steckel kann man, was sonst selten der Fall ist, eben auch sagen: „Es wäre vielleicht gut, wenn die Musik hier laut ist“. Und dann ist sie eben auch laut.
Notwist – Das Spiel ist aus
Quelle: Soundcloud
Das ist beim Film wahrscheinlich anders.
Beim Film funktioniert das nicht. Da sind wir auch gar nicht mehr beteiligt, sondern es gibt eigens Sound-Designer. Bestimmte Frequenzen würden einen Dialog übertonen. Und sobald die Musik auffällt und man nichts mehr versteht, funktioniert es nicht mehr als Soundtrack.
Wie du letztes Jahr im Interview angedeutet hast, ist es für dich auch unabhängig von Film und Theater Teil des künstlerischen Prozesses, unterschiedliche Kunstformen zu transferieren. Wie genau beeinflussen dich visuelle Medien?
Das ist eher etwas Intuitives. Ich kann nicht benennen, was genau es macht. Bei Musik denke ich oft sehr visuell. Oft ist es ja so, dass man in der Stimmung eines guten Films noch eine ganze Weile verbleibt, und alles ist, wie in diesem Film. Oft sehe ich ein Bild, bei dem ich feststelle, dass es auf eine andere, eine visuelle Art sehr gut das ausdrückt, was ich bei einer Platte oder einem Lied suche oder ausdrücken möchte. Bestimmte Platten klingen für mich auch rein intuitiv eher farbig, andere monochrom. Also fange ich oft damit an, diese Aspekte zu hinterfragen und mit ihnen zu arbeiten. Ich befasse mich nie mit Kunsttheorien oder -konzepten, sondern es ist ein unterbewusstes Antriggern oder Ablenken, um auf andere Ideen zu kommen und es sich anders anhören zu können.
Wie würde deine Musik ohne diese Einflüsse klingen – also wenn du nur geschlossen im Studio arbeiten würdest?
Es wäre garantiert anders. Beziehungsweise würde es bei mir gar nicht funktionieren. Ich bin mir sehr bewusst, dass ich alles, was ich mache, im Endeffekt nur zusammenklaue. In Kleinteilen kommt auch jede Melodie von irgendwo her. Auf eine Art sollte man versuchen, das zu finden, was an einem Kunstwerk so berührt, dass es einem im Gedächtnis bleibt, und etwas ausdrückt, was man anders nicht ausdrücken kann. Etwas, das eine Kraft hat, Erfahrungen auszudrücken, die mit Worten sehr schwer bis gar nicht auszudrücken sind. Wenn man diesen Kern mit dem trifft, was man selbst macht, und nicht nur eine Form, zum Beispiel eine Musikrichtung, adaptiert, sondern überlegt, was einen an einem bestimmten Stück eigentlich berührt, kann das nur unbewusst funktionieren. Für mich ist es essenziell, viel zu hören. Aber ich bin eh ein Sammlertyp und in erster Linie Fan von ganz vielem, höre und schaue mir viel an, lese Bücher, sehe viele Filme. Ich bin kein Techniker. Denn sich technisch mit etwas auseinandersetzten ist ja auch so ein Ansatz, der zu etwas Großartigem führen kann. Nur eben nicht meiner.
Ein weiteres Nebenprojekt von Notwist: Hochzeitskapelle
Quelle: SoundCloud
Gibt es denn aktuell Werke, zum Beispiel Filme, die dich besonders inspirieren?
Filme momentan weniger, weil ich es zurzeit so selten ins Kino schaffe. Ich konnte mir bisher noch nicht einmal Blade Runner 2049 anschauen, den ich unbedingt sehen möchte. Ich bin großer Fan des Originalfilms. Es sind zurzeit eher Bücher und Platten – und Fotografen. Vitas Luckus aus Riga zum Beispiel, ein Fotograf, der sich tragisch umgebracht hat, von dem ich mir, als wir in Italien auf Tour waren, zwei Bücher mit seiner Werkschau gekauft habe. Das hat mich zuletzt sehr beeindruckt und ich sehe es mir immer wieder an. Platten gibt es viele. Gerade habe ich Oro Swimming Hour gehört, ein neues Duo aus England, das ein großartiges Album gemacht hat: Gitarre, Gesang, eine bestimmte LoFi-Ästhetik, Orgeln, unglaubliche Stücke.
Und das neue Album von Ryuichi Sakamoto habe ich mir öfter angehört, dem vielleicht berühmtesten japanischen Musiker. Er war früher bei Yellow Magic Orchestra, die, was sie wahrscheinlich nicht so gerne hören, als japanische Kraftwerk gelten. Sie haben in den 80ern viel mit Synthesizern gearbeitet, waren international, auch hier, sehr erfolgreich und haben eine Art sehr tanzbares Proto-Electro entwickelt. Und Sakamoto wurde vor allem durch den Soundtrack zu Merry Christmas, Mr. Lawrence mit David Bowie sehr berühmt. Er macht zwar viel pianolastige, aber eben auch stark experimentelle und avantgardistische Musik.
Besteht die Chance auf eine Zusammenarbeit?
Nein! Auf keinen Fall. Er ist viel zu groß! Wie Brian Eno. Ich muss ja sagen, schon die Zusammenarbeit mit Tenniscoats kam mir sehr egoistisch vor, weil ich einfach ein großer Fan bin. Beim Studioaufenthalt gab es schon Momente, in denen ich mir dachte, „Markus, was machst du denn da? Die haben so tolle Platten mit anderen gemacht. Was kannst du schon einbringen, was sie nicht eh auch schon gemacht haben oder machen können?“
Musiktipp von Markus Acher: Oro Swimming Hour
Quelle: YouTube
Woran arbeitest du aktuell?
An neuen Notwist-Sachen. Wir möchten nächstes Jahr wieder ein Album veröffentlichen. Beim Alien Disko Festival spielen wir im Dezember in München. Wir müssen dort fast spielen, weil viele bisher nicht so bekannte Projekte dort auftreten. Also hoffen wir, dass einige Notwist-Leute kommen, denen wir die anderen Projekte vorstellen. Wir spielen aber nicht ein normales Programm, wie letztes Jahr, sondern greifen viele unserer Filmkompositionen auf.
Werdet ihr dort auch schon neue Songs spielen?
Das weiß ich noch nicht. Leider sind alle vielbeschäftigt. Überhaupt Termine zum Proben zu finden, wird schon abenteuerlich. Die Zusammenstellung des Festivals war schon sehr viel Arbeit.
Aber ich nehme momentan auch Songs mit Odd Nosdam auf. Wir haben bereits fünf Lieder. Er kommt aus dem Umfeld des Anticon-Labels, bei denen Themselves sind, mit denen wir die Band 13&God gemacht haben. Deren Rapper Doze One hatte die Band cLOUDDEAD – eigentlich die Königsband des ganzen Kosmos. Odd Nosdam war in dem Trio der Produzent und hat eine ganz eigene Art zu produzieren. Super Typ. Er ist bei Notwist-Konzerten in Amerika mitgefahren und hat vor unseren Show aufgelegt oder gespielt. Wir sind in den Städten herumgezogen, sind zusammen in Plattenläden gegangen und haben uns Alben empfohlen und zugesteckt. Daraus haben sich Freundschaft und musikalischer Austausch entwickelt. Wir sind auf einem Nenner, nur dass er den Hiphop-Background hat, sowie Noise und Ambient, bei mir eher Indie und Jazz. Aber wir treffen uns in den Schnittmengen in der Mitte und schicken uns Songs hin und her. Irgendwann soll eine Platte dabei herauskommen. Ich weiß nicht wann und hoffe bald.
Es gibt noch ein weiteres Projekt, auch mit einem japanischen Musiker: Hochzeitskapelle. In der Band spielen wir rein akustisch, mit Tuba, Posaune, Banjo, Bratsche und Schlagzeug. Wir spielen in der Formation sehr gerne, weil es so unkompliziert ist und man sich einfach ohne Vorbereitung hinsetzen und rein akustisch losspielen kann: auf dem Markt, an der Isar, auf Geburtstagsfesten, in der Wirtschaft. Unter anderem spielen wir auch die Komposition eines japanischen Musikers, Kama Aina, der ganz tolle Musik macht. Wir mögen das Stück, genau wie viele andere Leute, sehr gern und haben ihm unser Album geschickt. In Japan habe ich ihn dieses Jahr getroffen, als ich Tenniscoats besucht habe. Nächsten Monat kommt er nach Deutschland und wir werden gemeinsam eine Platte mit Stücken aufnehmen, die er extra für Hochzeitskapelle komponiert hat und treten mit ihm auf einem Festival auf.
Dankeschön für das Interview.
Spirit Fests Debütalbum erscheint am 1o. November bei Morr Music und klingt in etwa so farbenfroh wie sein Cover aussieht:
This week Markus Acher released his new solo album “A Beat of Silence” on Morr Music, it’s his second full length album under the synonym “Rayon”. He is known best for his various other projects which deserve articles of their own – however, there is one thing they all have in common: musical sensitiveness, diversity and devotion. In this interview he talks about his motivation and what is yet to come in his musical life.
An interview by Moritz Bouws and Gregor van Dülmen, translated into English by Martin Kulik and Moritz Bouws
Let’s get this straight: “Notwist” or “The Notwist”? Does it matter?
It really doesn’t – we’re not overly uptight about that. We called us “The Notwist” back when we thought: This sounds like “underground”.
Just for keeping track – could you please list all names of the bands and synonyms under which you performed or released records with?
Certainly. Here it goes: Notwist, Lali Puna, Rayon, Tied + Tickled Trio, You + Your D. Metal Friend, 13&God, Village of Savoonga, Hochzeitskapelle, 3 Shades.
That’s quite a few. How much time do you spend in studios and rehearsal rooms?
Oh, a lot actually. However, much of the stuff we did in the studio can also be worked from our computers at home now. But of course it’s always invaluable to record together.
What’s the process creating a (The) Notwist album like?
Primarily: really slow. Apart from that, there are different ways in which we make an album. Everyone composes by themselves, then we share ideas, go to the studio together and record, edit the different parts etc. But that’s really an individual process that is very specific to particular songs. Somewhere along this line an idea for the whole record is born that unites all the different parts. That’s really important because otherwise you have nothing to aim for.
“With the labels, concerts, records and fanzines we created an alternative for ourselves – against our reactionary, conservative and catholic surroundings.”
Now that you released “Superheroes, Ghostvillains + Stuff” you are on tour with Notwist again. Your last live album was released 20 years ago, why did you decide to produce a new one now?
The songs for a new published record are really fresh by the time they are released and have not been played live yet most of the time. They are snapshots and evolve with time. We wanted to document these changes in this record. I think some of the songs found their true form only after a long period of time.
Source: Bandcamp
What made you choose UT Connewitz in Leipzig as the location for the album? Do you have a special connection to this place?
The audiences in Leipzig and Berlin are always really enthusiastic – we get a kick from that. UT Connewitz is a beautiful location with great organizing staff.
But in the end it was a practical thing as well: We had three days in a row in Leipzig to get everything right. The second day was the best one and that’s the material that you can hear on the record now.
Another really exciting project of yours is 13&God where Notwist collaborates with Themselves, a hip hop combo from Oakland. How did you get together with them?
I was a big Anticon fan. And when Themselves played in Munich we met and discovered our mutual appreciation. We immediately planned a tour together and recorded an album shortly after that.
We hope to come together again this year and do another record. We have become good friends.
Source: YouTube
Alongside the international tours with Notwist all of the bandmembers are involved in the regional music scene of Bavaria. Is there a big difference for you personally when you play a show in Landsberg or in cities like Seattle or Mexico City?
Of course there is a difference because the audience reacts differently. We want to play internationally and travel the world with our music. But at the same time we appreciate the shows in our hometowns.
You often get categorized as part of the “New Weird Bavaria” movement because of your involvement in the regional music scene. Do you agree with this classification or is it just a label that doesn’t have any significance for your art?
Actually it doesn’t have any significance.
The term also has a political dimension: There is a connotation that the scene tries to show a more diverse picture of Bavaria through forms of art, which isn’t distorted by the populism of conservative politicians like Horst Seehofer. Would agree with that? Does this dimension have any influence on your art?
We always tried to direct our endeavours to the edges of society and we are mostly interested what is considered weird or strange. Our music embodies this view and shows a world that we wished to live in. With the labels, concerts, records and fanzines we created an alternative for ourselves – against our reactionary, conservative and catholic surroundings.
But we didn’t really think about the image of Bavaria. We never saw our roots in that particular place. Our musical role models were other bands in Germany like Mouse on Mars or Can as well as other scenes like those in New Zealand or Glasgow.
“What Notwist is going to be – we don’t really know yet.”
What made you start your solo project Rayon?
Rayon exists since I released a double 7” on Kollaps under that name. I always rekindle the name when I record something by myself.
The new album was produced after Daniel and Karin from the experimental festival Frameless in Munich asked me to record something new. With their programme in mind I composed some songs and finally got around recording it.
The style of “A Beat of Silence” is really spheric but also minimalistic. We are curious in which places the ideas and concepts for the album developed and how this is reflected in the record. Could you give any insight to that?
The actual composing was done at home in front of the computer. But before that I spent a lot of time contemplating on the different ideas. Each song has an abstract idea – rhythm, patterns, overlapping structures – that I expressed in music afterwards. I hoped to achieve an unique structure for each song that differs from the usual musical pattern.
I got a lot of inspiration from visual artists. Agnes Martin, japanese photographers, or the great canadian Michael Dumontier who also made the cover for the album which made me really happy.
An essential part of “A Beat of Silence” consists in the use of indonesian Gamelan Ensembles. Where did you get in contact with those instruments and why were they fitting for this album?
We didn’t use real Gamelan instruments. But the sound and the characteristics of this unique music was a reference point throughout the whole record. You can’t really reproduce those sounds, it’s far too complex.We rather tried to find a certain type of shimmering and hypnotic atmosphere that we really liked about the Gamelan sounds.
When do you decide if a song should be part of a Notwist or a Rayon album?
Most of the time I compose for a specific record or band project. It happens very rarely (like on “Messier Objects”) that two recordings or settings mix up.
On “A Beat of Silence” there is a song that already was released in a different version on the soundtrack album “Messier Objects”. It was titled “Object 16” back then, now “On the Quiet”. Will there be additional versions of this particular song?
I composed this song for the first Rayon concert on the Frameless Festival. That was with a different band cast. After that we created the music to Jette Steckels’ stage play “Das Spiel ist aus” and the song was a good fit there as well. I wanted to record the song again in its raw acoustic form. That’s why it made it to the new album again. I don’t think we will ever record that one again :).
Source: Bandcamp
“A Beat of Silence” seems to trace the use of digital music via analogous means. Would you consider this a tendency that is also apparent in Notwist after Martin Gretschmann left the band?
On the Rayon record I only wanted electronic sounds that were generated from acoustic sounds – that was the idea. Distorted and blurred. Take details and magnify them. Like the piles of sand on the cover photo by Michael Dumontier which lose their form and become indistinct. In the end I wanted an unified sound. What Notwist is going to be – we don’t know yet.
“A Beat of Silence” – Cover by Michael Dumontier
So now you will go on tour. But what will be your next project in the studio? Will there be a new studio album after your live album with Notwist? Or will you prioritize other projects?
We definitely plan to make a new Notwist record next. In the very near future there will be the Alien Disko Festival, which we can realize here in Munich at the Kammerspiele on December 2nd and 3rd. We invited some of our favourite ands that burst through genre boundaries.
We can’t wait! We are extremely excited to be joined by: Sun Ra Arkestra, Dawn of Midi, Ras G + Afrikan Space Program, Carla dal Forno, Sacred Paws, Melt Banana, tenniscoats, Jam Money, Mark Ernestus Ndagga Rhythm Force, the comet is coming, mimiCof and others.
Of course The Notwist will also be playing.
If you wanna see Markus Acher live before the Alien Disko Festival and somewhere that’s not Munich you can check him out at November 20th at the Berlin Radialsystem V where he plays a release show for “A Beat of Silence”. Just saying.
Diese Woche erschien bei Morr Music sein neues Solo-Album “A Beat of Silence”, bereits das zweite, das er als Rayon veröffentlicht. Bekannt geworden ist Markus Acher aber vor allem durch diverse andere Projekte, über die man viel schreiben könnte und die sich allesamt durch musikalisches Feingefühl, Vielfalt und Hingabe zur Musik auszeichnen. Im Interview verrät er uns, was ihn antreibt und was als Nächstes kommt.
Ein Interview von Moritz Bouws und Gregor van Dülmen
Zunächst eine Frage, die uns sehr beschäftigt: “Notwist” oder “The Notwist”? Oder egal?
Das ist tatsächlich egal, da sind wir nicht sehr streng. Das “the” kommt noch aus einer Zeit, als wir dachten, das klingt nach “Underground”.
Und könntest du bitte einmal alle Bandnamen und Pseudonyme auflisten, unter denen du schon auf Tour warst oder Alben veröffentlicht hast?
Na klar. Und zwar: Notwist, Lali Puna, Rayon, Tied + Tickled Trio, You + Your D. Metal Friend, 13&God, Village of Savoonga, Hochzeitskapelle, 3 Shades.
Das sind ja ganz schön viele. Wieviel Zeit verbringst du denn so in Proberäumen und Studios?
Oh, sehr viel Zeit. Vieles, was früher im Studio passierte, machen wir inzwischen auch dank Computer zu Hause. Aber zusammen in einem Raum zu sein und aufzunehmen, ist nicht zu ersetzen.
Wie entsteht ein (The-)Notwist-Album?
In erster Linie sehr langsam. Ansonsten sind es viele verschiedene Wege. Jeder komponiert für sich, dann tauschen wir Ideen, gehen irgendwann zusammen ins Studio und nehmen auf, bearbeiten die Sachen usw. Es kommt immer auf das einzelne Stück an. Irgendwann entsteht eine Idee für die ganze Platte. Das ist auch sehr wichtig, sonst kann es sehr ziellos werden.
“Mit den Labels, Konzerten, Platten und Fanzines haben wir uns eine Alternative geschaffen – gegen das Reaktionäre, Konservative, Katholische um uns.”
Ihr seid ja auch mit Notwist nach dem Release “Superheroes, Ghostvillains + Stuff” wieder fleißig unterwegs. Was hat euch dazu bewegt, zum ersten Mal seit über 20 Jahren wieder ein Live-Album aufzunehmen?
Die Stücke sind ja zum Zeitpunkt einer Studio-Platte meist noch sehr neu, und nicht live gespielt. Und auch nur eine Momentaufnahme. Viele entwickeln ein Eigenleben und verändern sich sehr im Laufe der Jahre. Das wollten wir noch einmal dokumentieren. Ich denke, manche Stücke haben erst nach einer langen Zeit ihre eigentliche Form gefunden.
Quelle: Bandcamp
Warum habt ihr euch entschieden, das Livealbum im Leipziger UT Connewitz aufzunehmen? Habt ihr einen besonderen Bezug zu diesem Ort?
In Leipzig und Berlin sind die Leute immer sehr enthusiastisch, das feuert uns an. Das UT Connewitz ist auch ein außergewöhnlich schöner Ort mit sehr netten Veranstaltern.
Aber am Ende war es auch die praktische Seite: Wir hatten dort drei Tage hintereinander, und um alles richtig einzustellen und aufzunehmen, brauchte es die Möglichkeit, die Auswahl aus mehreren Tagen am selben Ort. Der zweite Tag war dann der beste und ist jetzt auf der Platte.
Ein mehr als spannendes Projekt von dir ist auch 13&God, in dem Notwist und die Hip-Hop-Combo Themselves aus Oakland für zwei Alben zusammenarbeiteten. Wie kam es eigentlich zu dieser Kollaboration?
Ich war schon großer Anticon-Fan. Und als die Themselves in München waren, haben wir uns kennengelernt, und sie haben mir erzählt, dass sie Notwist kennen und mögen. Da haben wir gleich eine Tour zusammen geplant, und danach dann eine Platte gemacht.
Wir wollen auch, hoffentlich nächstes Jahr, wieder etwas mit ihnen aufnehmen. Wir sind sehr gute Freunde geworden.
Quelle: Youtube
Neben euren internationalen Touren als Notwist engagieren du und die anderen Bandmitglieder sich auch stark in der regionalen Musikszene Bayerns. Macht es für dich persönlich einen großen Unterschied, vor einem Publikum in Landsberg oder Städten wie Mexico City und Seattle zu spielen?
Das macht natürlich einen Unterschied, weil die Menschen auch anders reagieren. Wir wollen gerne international spielen, und mit unserer Musik weit reisen. Aber wir spielen natürlich auch gerne und viel in unserer Umgebung.
Ihr werdet aufgrund eures Engagements in der regionalen Kulturlandschaft bisweilen ja auch als Teil der “New Weird Bavaria”-Bewegung oder zumindest als Grundsteinleger der jungen Szene betrachtet. Kannst du dich mit dieser Klassifizierung anfreunden oder ist es nur ein Label, das für deine Kunst keine Rolle spielt?
Das spielt eigentlich keine Rolle.
Der Begriff hat ja auch eine politische Dimension: Es schwingt mit, dass die Szene mit Mitteln der Kunst, nicht zuletzt durch den Aufbau neuer Strukturen, eben auch daran arbeitet, ein vielseitiges Bild Bayerns zu erzeugen, das durch den Populismus Horst Seehofers bzw. die Volkstümlichkeit wesentlicher Teile der CSU verzerrt wird. Würdest du zustimmen? Und hat (zumindest) diese Dimension auch einen Einfluss auf euer Schaffen?
Unser Bestreben ging ja immer nach draußen, und unser Interesse eher für das Abseitige, Seltsame, Andere. Insofern ist unsere Musik auch ein Ausdruck dessen, und zeigt hoffentlich eine Welt, wie wir sie gerne hätten. Mit den Labels, Konzerten, Platten und Fanzines haben wir uns eine Alternative geschaffen – gegen das Reaktionäre, Konservative, Katholische um uns.
Aber an das Bild Bayerns haben wir eh nicht gedacht. So haben wir uns eigentlich nie verortet. Unser Koordinatensystem und unsere Vorbilder waren andere Bands in Deutschland wie Mouse on Mars oder Can, oder Szenen in Neuseeland oder Glasgow.
“Wie Notwist wird, wissen wir tatsächlich noch gar nicht.”
Wie kamst du auf die Idee zum Soloprojekt Rayon?
Rayon gibt es, seitdem ich eine Doppel-7″ auf Kollaps unter diesem Namen veröffentlicht habe. Ich nehme den Namen immer wieder, wenn ich etwas alleine mache.
Die neue Platte entstand, als ich von Daniel und Karin von dem tollen Münchener Experimental-Festival Frameless gefragt wurde, ob ich etwas machen will. Daraufhin habe mit ihrem Programm im Hinterkopf Sachen komponiert und irgendwann aufgenommen.
Gerade hinsichtlich des sphärischen, aber minimalistischen Stils von “A Beat of Silence” erscheint uns die Frage spannend, an welchen Orten die gedanklichen und konzeptuellen Vorstellungen zum Album entstanden sind und inwiefern sich diese in den Aufnahmen widerspiegeln. Könntest du dazu etwas sagen?
Das konkrete Komponieren entstand alles zu Hause vor dem Computer. Davor habe ich sehr lange nach den einzelnen Ideen gesucht. Jedes Stück hat eine eher abstrakte Grundidee – Rhythmen, Muster, sich überlagernde Strukturen – die ich danach mit Noten gefüllt habe. So habe ich gehofft, weg von der üblichen Songstruktur zu kommen.
Die Inspiration kam deswegen viel von visuellen Künstlern. Agnes Martin, japanische Fotografen, oder der tolle Kanadier Michael Dumontier, der dann auch das Cover gemacht hat, was mich sehr glücklich macht. Ein wichtiger Einfluss ganz am Schluss war dann der Film “Midnight Special”, ein Science-Fiction-Roadmovie, der mir nochmals andere Bilder zu der Musik gegeben hat. Außerdem hat er mir geholfen, mich mit den düsteren Teilen der Platte anzufreunden.
Ein wesentlicher Bestandteil in “A Beat of Silence” ist der Einsatz der indonesischen Gamelan-Ensembles. Wie seid ihr auf die diese Form von Instrumenten gestoßen und inwiefern schienen diese euch für die Aufnahme des Albums geeignet?
Wir haben ja keine echten Gamelan-Instrumente benutzt. Vielmehr war der Klang und die Charakteristik dieser unglaublich eigenen Musik immer wieder eine Referenz für die Platte. Das kann man auch gar nicht nachmachen, dazu ist die Musik viel zu komplex. Eher haben wir eine bestimmte flirrende und hypnotische Atmosphäre gesucht und nachempfunden, die wir auch an Gamelan-Platten so mögen.
Wann entscheidet sich für dich bzw. euch, ob ein Song auf einem Notwist– oder Rayon-Album erscheint?
Ich komponiere eigentlich immer gezielt für eine Platte bzw. Band. Sehr selten (wie bei “Messier Objekts”) mischen sich verschiedene Aufnahmen und Besetzungen.
Auf “A Beat Of Silence” taucht ja auch ein Song auf, der in einer anderen Version bereits auf dem Soundtrack-Album “Messier Objects” zu hören war. Dort hieß er “Object 16”, nun “On The Quiet”. Wird es weitere Versionen des Songs geben?
Dieses Stück hatte ich für das erste Rayon-Konzert beim Frameless-Festival komponiert. Das war noch in einer anderen Besetzung. Wir haben danach die Musik zu Jette Steckels Theaterinszenierung “Das Spiel ist aus” gemacht, und da hat das Stück gut gepasst. Ich wollte das Stück aber noch einmal in seiner ursprünglichen akustischen Form aufnehmen. Deswegen ist es auf dieser Platte ein weiteres Mal gelandet. Ich denke nicht, dass wir es nochmals aufnehmen 🙂
Quelle: Bandcamp
Das Konzept von “A Beat of Silence” scheint auch darin zu bestehen, digitale Musik wieder zurückzuführen und diese mit analogen Mitteln nachzuvollziehen. Würdest du sagen, dass dies auch eine Richtung ist, in die auch Notwist sich (zumindest live) nach dem Ausstieg Martin Gretschmanns bewegt?
Bei der Rayon-Platte wollte ich nur elektronische Klänge, die aus den akustischen Klängen generiert wurden, das war die Idee. Verzerrt, verwaschen, Details nehmen und vergrößern. So wie die Sandhäufchen auf dem Cover-Foto von Michael Dumontier ihre Form verlieren und verschwimmen. Auch, dass es am Ende einen einheitlichen Klang ergibt. Wie Notwist wird, wissen wir tatsächlich noch gar nicht.
“A Beat of Silence” – Coverbild von Michael Dumontier
Erstmal geht es ja auf Tour. Aber was steht bei euch studiotechnisch als Nächstes an? Wird dem Live-Album in naher Zukunft ein Studioalbum von Notwist folgen? Oder stehen andere Projekte im Vordergrund?
Als Nächstes steht auf jeden Fall eine Notwist-Platte auf dem Plan. Ganz nah und konkret ist das Alien Disko Festival, das wir hier in München in den Kammerspielen am 2. und 3. Dezember realisieren können. Wir haben Lieblingsbands eingeladen, die allesamt Genres sprengen und zwischen den Stühlen sitzen.
Wir freuen uns schon extrem! Mit dabei: Sun Ra Arkestra, Dawn of Midi, Ras G + Afrikan Space Program, Carla dal Forno, Sacred Paws, Melt Banana, tenniscoats, Jam Money, Mark Ernestus Ndagga Rhythm Force, the comet is coming, mimiCof u. a.
Und The Notwist wird auch spielen.
Wer Markus Acher noch vor dem Alien Disko Festival und woanders als in München live sehen möchte: Am 20. November spielt er mit Rayon im Berliner Radialsystem V eine Release-Show zu “A Beat of Silence”. Just saying.