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„ES“ ist nicht der Film, der „ES“ hätte werden können

Die Neuverfilmung von „ES“ ist nicht gruselig und enttäuscht auch auf vielen anderen Ebenen.


Die Originalversionen von „Evil Dead“ und „Blair Witch Project“ verschafften mir schlaflose Nächte. „REC“ war furchterregend. Horror funktioniert auf einer persönlichen Ebene. Jeder von uns hat seine eigenen Ängste, die (womöglich) nicht alle teilen.

Meine Hoffnung in die Horrorfilme dieser Tage ist gering. Selbst die intelligenten unter ihnen greifen manchmal auf klischeehafte Kamera-Zuckungen und Sound-Effekte zurück, um ihre Kategorisierung als Horrorfilm zu rechtfertigen. Für mich persönlich offenbarten die Filme „Life of Pi“ und „Der junge im gestreiften Pyjama“ ein größeres Verständnis von Horror als die „Insidious“- oder „Annabelle“-Filmreihen.

„ES“ von Stephen King habe ich nicht gelesen. Ich erwartete eine psychologische Horrorgeschichte. Die Trailer der 2017er Film-Adaption weckten meine Neugier. Die glänzenden Rezensionen bei Rotten Tomatoes brachten mich dazu, den Film zu schauen. Also saß ich im Dunkeln und wartete darauf, einen brillianten Horrofilm zu sehen und fühlte mich wenig später von der PR-Maschine betrogen, die mir weisgemacht hat, „ES“ (2017) sei ein Klassiker. Als ich das Kino verließ, schnappte ich zwei Kommentare auf:

„Ich wartete darauf, richtige Angst zu bekommen. Aber es war nicht mal gruselig.“

„Was haben wir da grad gesehen? Das war doch ein Witz!“

Ich selbst war auch verwirrt. Habe ich denselben Film gesehen, den die Kritiker angepriesen hatten? Ich kam verärgert heim, las ein paar negative Filmkritiken und darunter einige erhellende Kommentare. Die meisten Menschen, die die Hass-Kommentare unter den negativen Filmrezensionen posteten, hatten das Buch gelesen. Sie verteidigten „ES“ und rechtfertigten das Buch und die Geschichte. Haben die Filmemacher es also geschafft, ihr Publikum zu überzeugen und den Film so nah wie nur möglich an die Ängste herankommen lassen, die das Buch schürt?

Was positiv ist:

  • Die Kinderdarsteller machen einen großartigen Job.
  • Der Film ist technisch gut gemacht.
  • Die Coming-of-Age-Story wird gut erzählt.
  • Die Anfangsgeschichte, Georgies Tod, wird ausgewogen erzählt.

Was kritikwürdig ist:

  • Das Drehbuch ist inkohärent und abgehackt, mit ein bisschen Sound- und Lichtflackern für Fans moderner Pop-Horror-Filme.
  • Der Film versucht eine Comig-Of-Age- und eine Horrorgeschichte gleichzeitig zu erzählen. Worin er in meinen Augen scheitert.
  • Eine knappe Hintergrundgeschichte hätte geholfen. Hatte das Buch eine?
  • Die letzten 30 Minuten bestanden aus bedeutungslosem Nonsense (wie dem exzessiven Einsatz von animierten Bildern, unnötiger Gewalt, Kindern, die ohne erkennbaren Grund durch die Luft schweben und noch vielem mehr)

Eine ernsthafte Sorge

Die Sorge steht in Verbindung mit „ES“ und anderen Filmen wie zum Beispiel „Kick Ass“. Ich finde es akzeptabel, dass Autoren, die tiefe psychologische Phantasieren haben, diese auch niederschreiben. Aber ich habe ein Problem damit, zu akzeptieren, dass Film- und Fernsehproduzenten diese Phantasien Kindern und Teenagern zuschieben und diese für sich durchleben lassen. In „ES“ wird etwa die 15-jährige Sophia Lillis sexualisiert, während die Jungen (die meisten sind erst 14) in Szenen sexuellen Erwachens und blutiger Gewalt verwickelt werden. Die meisten Dialoge kommen nicht ohne Kraftausdrücke aus. Für seine Gewalt- und Horror, die blutigen Bilder und seine Sprache ist der Film mit der FSK 16 belegt.

Die jugendlichen Darsteller und ihre Eltern haben vermutlich kein Problem damit, dass sie für ein erwachsenes Publikum spielen, zumal der Film ihnen zu Prominenz und Geld verhelfen sollte. Und vielleicht stellen Filmemacher durch ihre kreative Produktion und Post-Produktion ja auch sicher, dass die Teenager nicht komplett in das finale Produkt involviert sind. Trotzdem bleibt ein bitterer Beigeschmack an dem Umstand, dass Kinder in einem als nicht jugendfrei bewerteten Film Erwachsenenphantasien ausspielen müssen. Oder bin es nur ich, der zu viel darüber nachdenkt?

Apropos Kohärenz

Dieses Review hat ein wenig seinen Rahmen verlassen, denn ich dachte mir, ich baue ihn einfach genauso „brillant“ auf wie „ES“.

Der Film wird ein Kassenerfolg werden und ohne Frage noch tolle Reviews bekommen. Mich überzeugt dieser anmaßende Film aber trotzdem nicht.

Quelle: YouTube

Kathir Sid Vel verbrachte seine ersten drei Lebensjahre im südindischen Dschungel. Von da aus zog er in eine Kleinstadt, wo auch heute noch Menschen sich gegenseitig ihre Fragen stellen, statt diese zu googlen. Sein Kindheitstraum verwirklichte sich mit seinem Eintritt in die Werbebranche, wo er hinter den Kulissen mit vielen großen Namen Bollywoods zusammenarbeitete. Um dem unruhigen Leben zu entkommen, zog Sid ins schöne Schottland, wo er Firmen dabei hilft, digitale Technologien für sich zu nutzen. Seine Leidenschaft gilt der Diskussion von Filmen, Technologien und dem modernen Leben.

Titelbild: © Warner Bros. Pictures