Zu Beginn der ersten Staffel wurden Game of Thrones häufig frauenfeindliche Darstellungen vorgeworfen. Ein paar Staffeln später wurde die Serie bereits für seine Zeichnung komplexer weiblicher Charaktere als feministischer Beitrag gelobt. Liegt der Grund dafür in einem Generationswechsel der Königshäuser von Westeros und Essos, mit dem Emanzipation einiger selbst- und machtbewusster Frauen einhergeht? Betrachten wir den Aufstieg der Daenerys Targaryen mal aus feministischer und filmhistorischer Perspektive.
ein Gastbeitrag von Kerstin Bass
Redaktioneller Hinweis: Es sei ein Spoiler-Alert ausgesprochen, der sich auf Inhalte der ersten vier Staffeln von Game of Thrones bezieht. Zum Verständnis dieses Textes und um auf dem Schulhof mitreden zu können, wird empfohlen, diese vorher anzusehen.
“All men must die. But we are not men.”
Als Frau in Westeros zu leben, kann sicherlich sehr angenehm sein, wenn man sich seiner zugeteilten Rolle fügt. Doch gerade in George R. R. Martins Romanzyklus gibt es viele weibliche Hauptcharaktere, die sich mit ihrer Positionierung in der Gesellschaft nicht zufrieden geben. Sei es nun Brienne, die unbedingt ein Ritter sein möchte und mit den Gepflogenheiten einer Lady nur wenig anfangen kann, Arya, die in ihren jungen Jahren bereits besser Bogenschießen kann als ihre älteren Brüder und dennoch zum Sticken und Nähen verdonnert wird oder Daenerys, die zunächst von ihrem Bruder für eine Armee verkauft wird und durch mehrere extreme Ereignisse selbst in eine Führungsposition gelangt. All diese Frauen haben sich in ihrem festgelegten, gesellschaftlichen System, in welchem ihre Handlungsräume auf die Rollenzuteilung und die hierarchische Einordnung beschränkt sind, neue Handlungsräume eröffnet.
Dass sich durch dieses Schaffen von Handlungsräumen die Charaktere in gewisser Weise selbst verwirklichen können, ist auf den ersten Blick der prägnanteste positive Aspekt. Doch mit dieser Unabhängigkeit und dem Widerstand gegen die Machtstrukturen in Westeros erfolgt auch eine Ausgrenzung aus der Gesellschaft und das Ausstellen solcher Frauen als monströse Ausnahmeerscheinungen. Eine grundlegende Herausforderung, der sie begegnen müssen, ist die starke religiöse Prägung der Gesellschaft, in der sie leben, die entscheidende Verantwortung für die repressiven Rollenbilder trägt, gegen die sie ankämpfen müssen. Wollen wir die Serie im Wertekontext der Gesellschaft bewerten, die sie produziert hat, so dürfen wir dennoch zunächst nicht den intradiegetischen Wertekontext der Welt aus den Augen verlieren, in der sie spielt.
Religion und Rollenvorbilder im „Faith of the Seven“
Die Religion „the Faith of the Seven“ bietet eine der vielen Möglichkeiten, Handlungsfelder zu strukturieren und die dauerhaften Machtstrukturen der Serienwelt nachzuvollziehen, gegen die diverse weibliche Hauptcharaktere sich auflehnen. Sie ist die vorherrschende Religion in Martins Universum und kann ähnlich dem starken Einfluss der christlichen Religion auf den europäischen Raum im Mittelalter positioniert werden. Martin etabliert im Laufe seiner Erzählung noch zahlreiche weitere Religionen, dennoch ist „the Faith of the Seven“ die prominenteste in weiten Teilen von Westeros. Es ist eine monotheistische Religion, deren einer Gott sieben Gesichter aufweist. Diese sind unterschiedlich charakterisiert und stehen als Rollenvorbilder für das Gute. Will man das Böse daraus ableiten, so findet man es außerhalb dieser Figuration, nicht innerhalb: Boshaft sind demnach nur diejenigen, die nach ihrem freien Willen handeln, außerhalb der Vorgaben dieser Religion. In diesen sieben Gesichtern sind Rollenzuteilungen für alle gläubigen Männer und Frauen streng festgelegt. Martin schreibt in „A Clash of Kings“:
“Catelyn studied the faces. The Father was bearded, as ever. The Mother smiled, loving and protective. The Warrior had his sword sketched in beneath his face, the Smith his hammer. The Maid was beautiful, the Crone wizened and wise. And the seventh face … the Stranger was neither male nor female, yet both, ever the outcast, the wanderer from far places, less and more than a human, unknown and unknowable.”
George R. R. Martin: A Clash of Kings: 495 ff.
Teilen wir die Sieben geschlechterspezifisch auf, haben wir auf der Seite der Männer den Vater, den Krieger und den Schmied und auf der Seite der Frauen die Mutter, das Mädchen und das alte Weib. Betrachtet man die im Zitat hinzugefügten Eigenschaften, so erkennen wir, dass den männlichen Gesichtern (Schmied und Krieger) eindeutige Professionen oder Berufe zugeschrieben werden, während man auf der weiblichen Seite keinerlei solcher Hinweise findet. Eben dieser Vergleich zeigt bereits, wie die Hierarchie und Rollenverteilung in Westeros funktioniert. Männlichkeit wird mit dem Aktiven, Kriegerischen und Handwerklichen verbunden, während der Frau der familiäre, passive und unterstützende Part zugeschrieben wird. Mädchen beispielsweise haben keine andere Eigenschaft, als dass sie schön sind. Weder Mann noch Frau haben eine freie Wahl, in welcher Weise oder ob sie sich überhaupt einordnen wollen. Hierarchisch gesehen stehen laut dieser Ordnung die Frauen als passiver Part immer in Abhängigkeit zum aktiven männlichen Part, was ihre Handlungsräume stark strukturiert und einschränkt.
Dies steht konträr zu den Grundgedanken feministischer Theorien, wird in ihnen die Macht der Frau als Selbstbestimmung außerhalb von geschlechterspezifisch zugeteilten Rollen und kulturellen Codices verstanden. Eine Betrachtung der vorherrschenden Religion soll hier nur beispielhaft für diverse Faktoren angeführt werden, auf welchen andere hierarchische Aspekte basieren, durch die auf die weiblichen Hauptcharaktere in Game of Thrones Macht ausgeübt wird. Das Machtgefüge von Westeros, in dem sich primär alles um das Erlangen des eisernen Throns dreht, ist folglich eines, in welchem Frauen als freie Subjekte in ihren Handlungsräumen eingeschränkt werden und dadurch für sie die Macht, auf dem eiserenen Thron zu sitzen und somit Herrscherin über die „Seven Kingdoms“ zu sein, ebenso unwirklich scheint, wie die Macht, allein über sich selbst und die eigene Positionierung in der Gesellschaft zu entscheiden.
Ebenfalls beispielhaft soll nun im Serienkontext ein besonderes Gewaltmittel zur Unterdrückung von Frauen untersucht werden, das nicht nur im Fortgang der Geschichte der Seven Kingdoms, sondern auch in der Filmhistorie ein zentraler Aspekt in der Darstellung von Frauen ist: sexuelle Gewalt. An ihnen lässt sich die besondere Stellung Daenerys Targaryens bemessen, die diese nicht nur gegenüber den religiösen Rollenbildern ihres eigenen Kosmos, sondern auch gegenüber filmischen Rollenvorbildern einnimmt.
Vergewaltigungen, Transformation und die Machtergreifung der Frau
Im Machtsystem von Westeros wie auch in Essos ist sexuelle Gewalt ein sehr zentraler Aspekt. Der Akt einer Vergewaltigung ist eine Gefahr, die für viele der weiblichen Charaktere omnipräsent ist und die gewalttätige Dominanz des Mannes über die Frau verdeutlicht. Sansa wird während eines Aufstands des Volkes fast vergewaltigt, Brienne wird von Jamie Lannister vor einer Vergewaltigung bewahrt, Arya muss sich nach dem Tod ihres Vaters als Junge verkleiden, um Vergewaltigungen zu vermeiden und Daenerys wird sowohl von ihrem Bruder sexuell belästigt, als auch von ihrem Ehemann, mit welchem sie zwangsverheiratet wurde, vermeintlich vergewaltigt.
Dabei wird häufig in Bezug auf die HBO-Serie diskutiert, dass die Darstellung vom Missbrauch an Frauen als Unterhaltung gehandelt und somit legitimiert wird. Tatsächlich stellt sich hierbei nicht die Frage nach einer frauenfeindlichen Inszenierung als Unterhaltung. Vielmehr sollte hierbei beachtet werden, dass diese Omnipräsenz einer Gefahr der Vergewaltigung zusätzlich zu den strengen Rollenverteilungen die Handlungsräume der weiblichen Charaktere einschränkt oder bestimmt. Zusätzlich kann sie jedoch auch eine Transformation der Charaktere antreiben, welche wiederum ein wichtiger Bestandteil der Charakterentwicklung ist. Beispielsweise kostümieren sich Arya und Brienne, nehmen andere Identitäten und andere Rollenverteilungen an und Daenerys transformiert sich durch das Feuer zur „Mother of Dragons“. Eine ähnliche Entwicklung kennt man aus Plotstrukturen des Rape-Revenge-Genres. Hierbei erfolgt bei den weiblichen Charakteren nach dem Gewaltakt ebenfalls eine Transformation, die meistens äußerlich festzustellen ist.
Girls with Guns in Game of Thrones?
Julia Reifenberger, die das Genre in ihrem Buch Girls with Guns – Rape & Revenge Movies analysiert, stellt bloß, dass die Entwicklung vom Opfer zum Täter in den Filmen häufig eine bestimmte Monstrosität in Bezug auf den weiblichen Rächer und Bedrohung gegenüber dem vorherrschenden männerdominierten gesellschaftlichen System mit sich zieht. Keinesfalls kann man dieses Inszenierungsmuster vollkommen, einer Schablone ähnlich, über die weiblichen Charaktere aus A Song of Ice and Fire übertragen. Jedoch sind einige signifikante Parallelen zu erkennen. Bei Seriencharakteren, die sich Handlungsräume schaffen, können wir oft die Beschreibung und Inszenierung einer bestimmten Hässlichkeit oder gar Monstrosität erkennen. Ebenso wie sich im Rape-Revenge-Genre das Opfer gegen die männliche Dominanz wehrt und weiter sogar Rache an den Tätern ausübt, so sehen wir auch an Charakteren wie Brienne und Arya nicht nur einen Widerstand gegenüber eines dominierenden männlichen Geschlechts, sondern auch starke Tendenzen zu Rachegelüsten. Lady Brienne etwa schwört Rache, nachdem Renly getötet wurde, und Arya fokussiert sich auf die Rache als ihre zentrale Agenda und wiederholt jede Nacht die Namen aller, an denen sie Rache nehmen will.
Besonders bemerkenswert ist, dass hierbei von einem Verlust der Unschuld durch die Taten anderer gesprochen wird. Es geht folglich ebenso wie im Rape-Revenge-Film um einen Verlust einer Unschuld oder auch Kindlichkeit, welcher dann in einer Transformation des Charakters zu einer tödlichen Rächerin mündet. Während sich Arya im späteren Handlungsverlauf dann nach Bravos begibt, um sich als Assassine ausbilden zu lassen und sich aus den Machtstrukturen herausnimmt, geht Daenerys anders mit dem Verlust ihrer Kindlichkeit und Unschuld um.
Daenerys‘ Zwangsvermählung. Ausgang eines Rape-and-Revenge-Schemas?
In der kompletten ersten Episode sehen wir Daenerys passiv gegenüber Männern – und eine starke Ausstellung ihres Körpers. Auf den ersten Blick sehen wir sie so inszeniert, wie die feministische Filmtheoretikerin Laura Mulvey den männlichen Blick beschreibt: nämlich indem die Inszenierung einer Codierung des Erotischen in die Sprache der dominanten patriarchalen Ordnung folgt, was eine Objektifizierung der Frau als zu betrachtendes Objekt verursacht, in welches männliche Fantasien projiziert werden. Doch bei genauerer Untersuchung wird sichtbar, dass Daenerys die Figur ist, aus deren Blickachse wir die Geschehnisse betrachten. Ein weiterer Aspekt ist, dass extensive Kamerafahrten, die über ihren Körper fahren, sehr selten mit der Blickachse von männlichen Protagonisten verknüpft werden. Als Khal Drogo sie in einer späteren Sequenz begutachtet, sehen wir Daenerys in einem semi-transparenten Kleid zusammen mit Viserys vor dem Eingang eines Gebäudes stehend. Khal Drogo kommt mit ein paar weiteren Männern seines Volkes angeritten um die Brautschau zu vollziehen.
Die komplette Szene verfolgen wir mit Point-of-View-Aufnahmen oder Eye-line Matches, welche mit Daenerys’ Blick verknüpft sind. Des Weiteren sehen wir häufig in Szenen, in denen Daenerys mit männlichen Charakteren interagiert, eine Art der Inszenierung, wo die Kamera auf ihrer Blickebene verweilt und die Männer, die allesamt größer als sie sind, insbesondere in halbnahen Einstellungen aus dem Kader herausragen. Daenerys ist folglich trotz ihres zunächst passiven Verhaltens stets das Zentrum des Kamerablicks, um welches sich alle anderen Positionen konstruieren.
Verschleppung zum Dothrakischen Meer
Auf der Ebene des Blickes des Charakters finden wir folglich in den meisten Fällen einen weiblichen Blick, da dieser eng mit Daenerys verknüpft ist. Betrachten wir die Inszenierung von Drogo und den Dothraki, können wir zudem eine weitere Parallele zum Rape-Revenge-Genre entdecken. Carol J. Clover nennt dies in ihrem Buch Men, Women, and Chain Saws den „double-axis revenge plot“, in welchem eine doppelte Plotachse zwischen dem Opfer und dem Täter und auch der Stadt gegen das Land etabliert wird. Die Stadt/Land-Achse des Plots bezeichnet dabei häufig einen Besuch oder Umzug von einem urbanen oder suburbanen Charakter aufs Land. Der Städterin sind dabei die Menschen auf Land und ihre Lebensstandards nicht nur fremd, sondern sogar bedrohlich. Clover schreibt hierzu:
„People from the city are people like us. People from the country […] are people not like us.“
Eine ähnliche Struktur finden wir auch bei Daenerys, welche im Grunde genommen von der Stadt Pentos aufs Land in ein Nomadenvolk verheiratet wird. Dass dieses Volk auf sie beängstigend wirkt, sehen wir in der Hochzeitssequenz, in welcher sie mit Khal Drogo verheiratet wird. Wir sehen zahlreiche Aufnahmen von Sitten, Gebräuchen, exotischen Tänzen, welche durchsetzt sind von Aufnahmen von Daenerys’ schockierten und ängstlichen Blicken. Erneut folgen wir hier auf der Charakterebene einem weiblichen Blick und zusätzlich wird dieser durch establishing shots und Kamerafahrten durch die Veranstaltung mit dem Zuschauerblick verknüpft. Anhand dieser Beispiele sehen wir folglich, dass die Inszenierung von Daenerys in großen Teilen auf die Inszenierungsmuster der Rape-Revenge-Films zurückgreift, dabei einen überwiegend weiblichen Blick verfolgt, wodurch wiederrum Daenerys trotz passiver Haltung zu den anwesenden männlichen Charakteren, als „gaze holder“ eine aktive Position einnimmt. Aus dieser passiven Haltung gegenüber Männern und der unfreiwilligen Hochzeitsnacht mit Khal Drogo entwickelt sich der Charakter Daenerys von einer kindlichen Braut hin zur ersten weiblichen Führerin eines eigenen Nomadenvolkes.
Die Machtergreifung der Mother of Dragons
Die erste Staffel über gelingt es ihr schließlich, sich mit der Zwangshochzeit und ihrem Ehemann zu arrangieren, mehr noch Gefallen an dem Leben an seiner Seite zu finden, sich aus den Befehlen von Viserys zu befreien und eine eigene Agenda als Anführerin an der Seite Drogos zu entwickeln. Am Ende Staffel schafft sie es zudem, durch den plötzlichen Tod Drogos und dessen Feuerbestattung, drei Dracheneier, welche ihre Hochzeitsgeschenke waren, zum Leben zu erwecken und schlüpfen zu lassen, sodass sie fortan die einzigen lebenden Drachen in ihrer Obhut hat. Ab diesem Zeitpunkt beginnt sie eine beschwerliche Reise, in welcher sie versucht, sich eine Armee aufzubauen um nach Kings Landing zurück zu kehren und selbst den eisernen Thron zu besteigen. In ihrem Buch Power and Feminism in Westeros stellt Spector auf diese Entwicklung fest:
„As she gathers her army together, Daenerys begins to sacrifice aspects of her personality. She becomes harder and less compassionate, her choices less personal. A sweetness that she had at the beginning of the series is slowly burning away as she becomes more and more powerful.“
Betrachten wir nun diese Punkte und Inszenierungsweise und verknüpfen diese auf dieselbe Weise, wie es zuvor mit den anderen weiblichen Charakteren geschehen ist, können wir erkennen, dass Daenerys’ Einführung und Positionierung der von Sansa sehr ähnlich ist. Beide werden als Mädchen verheiratet und dabei auf ihren Körper reduziert. Im Gegensatz zu Sansa gibt sich Daenerys dem jedoch nicht kampflos hin, sondern versucht, ihren enorm eingeschränkten Handlungsraum zu erweitern. Durch die sehr stark der Inszenierungsweise des Rape-Revenge-Films ähnelnden Darstellung, können wir bereits erkennen, dass aus dem dominanten Verhalten der männlichen Protagonisten gegenüber Daenerys eine Transformation dieser vom Passiven ins Aktive stattfinden wird.
Quelle: YouTube
Daenerys rächt sich zwar nicht direkt in Bezug auf einzelne Personen, jedoch widerstrebt auch sie den Machtbeziehungen Westeros’ und dies in einer so extremen Weise, dass sie durch das Aufbauen einer Gefolgschaft und einer Armee nicht nur ihre eigene Agenda entwickelt, sondern zusätzlich auch ihr eigenes Machtsystem konstruiert, welches nicht mit dem vorgegebenen patriarchalen System Westeros’ übereinstimmt. Daenerys wird vom unterdrückten, handelnden Subjekt zu einer machtausübenden Instanz. Sie wird zu einer Führungsperson, welche versucht, mit bestem Gewissen ein Volk zu führen. Wir sehen folglich, dass Daenerys sich nicht nur in die Lage versetzt, ihren eigenen Handlungsraum zu strukturieren, sondern auch die Führung und damit die Strukturierung der Handlungsräume anderer übernimmt. Dabei setzt sie sich selbst als Frau nicht in den Vergleich zu Männern, indem sie im Gespräch mit einer anderen Frau betont:
„All men must die. But we are not men.“
Mother of a new feminism?
Trotz ihrer stark körperzentrierten und sexualisierten Inszenierung ist Daenerys durchaus in der Lage, eine Führungsperson zu verkörpern, welche sich nicht gezielt gegen die Männerwelt durchsetzt, sondern sich selbst erst gar nicht in einem Vergleich dazu positioniert. Dabei schafft sie es, sich gegen die Machtverhältnisse sowohl der des „Faith of the Seven“ als auch der Dothraki-Gesellschaft durchzusetzen, in denen sie als Frau unterdrückt wird um einen selbstbestimmten Weg zur Macht zu finden. Was beim Rape-Revenge-Genre darin endet, dass die unterdrückte und dominierte Frau selbst zum gewaltsamen Täter wird und somit in ständigem Vergleich zu ihren männlichen Tätern steht, verhält es sich in Game of Thrones anders, da man bei Daenerys etwa nur schwer von einer direkten Täterschaft der Charaktere sprechen kann. Sie rächt sich nicht direkt, wird jedoch, als sie Sklaventreibern dasselbe antut, was diese ihren Sklaven antaten, mit einer ähnlichen Opfer-Täter-Thematik konfrontiert.
Betrachtet man hierzu noch den Kommentar von Sarah Clarke Stuart, dass in es Fernsehserien zwei Tendenzen für starke weibliche Charaktere gibt, die Burschikose und die Verführerin, können wir feststellen, dass eine solche Einteilung im Falle von Daenerys völlig unzulänglich ist, aber auch generell nicht der Komplexität weiblicher Charaktere in Game of Thrones gerecht wird. Dies eröffnet nicht zuletzt einen wichtigen Diskurs, nämlich, dass starke Frauen, nicht wie im Rape-Revenge-Genre erst zum Täter werden müssen um sich zu emanzipieren, sondern sich nach diesem Modell außerhalb eines Vergleichs zwischen Mann und Frau eigene Handlungsräume erschließen müssen.
Literatur:
Clarke Stuart, Sarah: Into the Looking Glass – Exploring the Worlds of Fringe, CDN 2011.
Clover, Carol J.: Men, Women, and Chain Saws – Gender in the Modern Horror Film, USA 1992.
Martin, George R.R.: A Clash of Kings, USA 2005.
Mulvey, Laura: visual and other pleasures, USA 2009.
Spector, Caroline: “Power and Feminism in Westeros”, in James Lowder (Hrsg.): Beyond the Wall – Exploring George R. R. Martins A Song of Ice and Fire, USA 2012, 169-188.
Reifenberger Julia: Girls with Guns – Rape & Revenge Movies: Radikalfeministische Ermächtigungsfantasien?, D 2013.
Kerstin Bass absolvierte 2012 ihren Bachelor an der Freien Universität Berlin. Dort belegte sie Filmwissenschaft im Kernfach und Publizistik und Kommunikationswissenschaften im Nebenfach. Im März 2013 begann Kerstin ihren Masterstudiengang im Fach Filmwissenschaft. Ihr primäres Forschungsinteresse liegt im digitalen Kino sowie dem Horrorfilm und dem asiatischen Kino. Besonders faszinierend an filmwissenschaftlichen Methoden findet sie die Identifikation von Blickkonstruktionen, Farbwirkung und die Filmrhetorik. In ihrer Freizeit findet man sie öfters vor diversen Spielekonsolen, im Kino, auf Konzerten oder mit einem guten Buch oder Manga in der Hand.
Titelbild: © Le Colmer
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