Es gibt Worte, die man manchmal monatelang oder vielleicht über Jahre hinweg nicht mehr benutzt. Und dann fallen sie wie vom Himmel. Sind einfach da, weil sie treffender nicht sein können. Als das erste Stück des Albums „A New Beginning“ von Henning Fuchs bei mir lief, habe ich zu mir selbst gesagt: „Was für eine Anmut!“ Tatsächlich könnte die Platte so etwas wie ein Plädoyer für eine romantische Weltsicht sein. Doch dabei bleibt es nicht.
Streicherarrangements verbinden sich mit Harfenklängen. Dazu kommen Klavierpassagen und Flöten und bilden glasklare Melodiestrukturen, die melodisch-sanft wirken. Und cool. Ich weiß, solche Musik läuft schnell Gefahr, bei all der Einfachheit ins Kitschige zu gleiten. Oder ganz an der Banalität zu zerschellen. Doch Fuchs bekommt hier gut die Kurve und bleibt auf Kurs. Das gelingt ihm, weil er Brücken zwischen den Jahrhunderten schlägt und eine weitere Sounddimension einzieht: Auf das klassische Arrangement legt er ein modern-individuelles Sounddesign und Samples von Großstadt- und Naturgeräuschen. Das klingt jetzt hier in der Beschreibung vielleicht etwas befremdlich und tosend-hupend, bereichert aber die Songs mit rhythmischen Details und packenden Percussionelementen. Es zirpt, es knarzt – und sorgt für Fußwippen.
Wie Tanzende auf einer Bühne
Auch wenn das Album sein Debut als Solokünstler ist, so ist Fuchs in der Musikszene alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Kooperationen mit Klezmerformationen, Musik für Tanz, Film, Konzerte sowie Songwriting und Albumproduktionen stehen auf der Werkliste des Berliner Künstlers. Als Bandleader und Leadsänger begann er mit 14 Jahren eigene Songs zu schreiben. Dann folgte eine Zeit als Geographie- und Soziologiestudent, doch musste er bald feststellen, dass er vielleicht woanders besser aufgehoben sein könnte – und kehrte zur Musik zurück. Man kann nur sagen: Eine gute Entscheidung!
„Ich wollte eine Welt erschaffen, in die man eintaucht und der man seinen Gefühlen und seiner Phantasie freien Lauf lassen kann“, beschreibt Fuchs sein Anliegen. Und tatsächlich lassen die Songs so etwas wie Bilder im Kopf entstehen. Besonders eindrucksvoll zeigt das der Song „A Friendship“: Hier entwickeln Harfe, Geige und Cello nach und nach das Thema und spielen sich gegenseitig Melodieideen zu. Mal umarmen sie sich, mal gehen sie in die Weite – wie Tanzende auf einer Bühne sich gegenseitig Raum und Nähe geben.
Aus der Stille
Was ist der Reiz dieses Albums? Ich denke, er liegt in diesem famosen Tandem, das Henning Fuchs aus Zartheit und Entschlossenheit zusammengeschweißt hat. „Ich suchte die Einsamkeit und Stille der Natur, um mich auf den Neubeginn vorzubereiten“ – für Henning Fuchs ist die Abwesenheit von Tönen, Geräuschen und Musik der Anfang. Wie schön, dass er uns aus der Stille diese Musik mitgebracht hat.
